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Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 09:28
von Susse
Eine Bekannte von mir Züchtet Lamas als Begleit- und Therapietiere. Die Wolle ist nur ein „Abfallprodukt“ das aber zum Wegwerfen zu schade ist.
Um das Haarkleid jetzt selbst verarbeiten zu können, belegte meine Bekannte einen „Spinnkurs“ mit folgendem Ablauf:
Erklärung:
Hier ist das Rad mit Spule, Einlass und Tritt. Da ist die Wolle. Du musst treten und gleichzeitig die Wolle aus einem Wolldreieck zuführen. Probier’s mal aus. (Dauer: 10 Min.)
Übung:
Nach 30 Min. einsamen Kampf und ca. 10 Metern 1,5 cm dicken Wollwürsten auf der Spule (von schwangeren Regenwürmern kann da keine Rede sein) war der „Kurs“ vorbei. Tipp für die Zukunft: Das wird schon – Du musst üben, üben und nochmal üben. Dafür brauchst Du ein Rad!! Kostet X€ - ich kann das für Dich bestellen – mach ich doch gerne.
4 Wochen nach dem „Spinnkurs“ kam dann endlich das Rad an:
Ein Merino von Wollknoll (natürlich 30 Euro teurer als im Katalog) mit einem Tritt und Zwirneinrichtung. Ohne Einzughaken und natürlich ohne Wolle.
Für erste Übungen musste dann ein Lamavlies incl. Grannenhaaren, Filz und Einstreu, mit Hundebürsten notdürftig kardiert herhalten.
Gestern kam dann der völlig verzweifelte Anruf ob ich denn Zeit hätte und ob mein Schwedenofen an wäre. Sie möchte das Rad mit Wolle in den Ofen stecken.
Sie kam vorbei mit dem Rad und zwei Spulen je halb voll mit schwangeren Riesenregenwürmern und den Tränen nahe.
Da ich selbst noch blutige Anfängerin bin hab ich sie getröstet und war heil froh dass ich ein Ashford County bei mir stehen habe. Wir haben die Wollwürste auf dem Country gezwirnt und, man glaubt es kaum, einen Strang Wolle produziert den man mit 10ner Nadeln verstricken könnte.
Da waren die Tränen plötzlich weg und ich musste Holz aus dem Schuppen holen weil das Rädchen doch noch gebraucht wurde.
Mit dem Wissen, das mir meine Sabine aus Rügen (vielen herzlichen Dank dafür) vermittelt hat und dem was ich durch üben, üben und nochmals üben selbst gelernt habe, konnte ich meine Bekannte soweit anleiten mit Schafwolle aus Kardenband einen einigermaßen dünnen und gleichmäßigen Faden zu spinnen. Vorher haben wir natürlich erst mal die Bremse ordentlich eingestellt und das Rad mal richtig montiert.
Als meine Bekannte dann abends heim musste, war auf einer der Spulen ca. 75 g gesponnene Wolle die man, 2fach gezwirnt als Effektgarn durchaus mit Nadelstärke 5-6 verstricken könnte. Jetzt wird sie üben und sich dabei auch ein bisschen freuen können.
Ich finde die Machenschaften von „Spinnkurs-Anbietern“ echt schlimm und freue mich umso mehr, dass ich das kleine Merino vor dem Feuertod bewahren konnte.

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 09:51
von Fiall
Gruselig! Ich bezweifle aber, dass die Kursleiterin viel positive Mundpropaganda bekommt. Schön, dass du das arme Rädchen und auch die Lamawolle vorm Entsorgen bewahren konntest!

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 10:07
von angi
Wie sagt man bei uns -

Du kannst ALLES verkaufen - du mußt nur den Dummen finden, der es dir ankauft!

Damit will ich nicht sagen, daß deine Freundin dumm ist. Ganz sicher ist sie mit völlig anderen Vorstellungen zum Spinnkurs gegangen. Nur gut, daß du ihr helfen konntest!

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 10:12
von Claudi
Solche "Kursangebote" sind doch wirklich das Letzte!
Aber deswegen empfehlen wir hier im Forum ja auch immer, eine Spinngruppe oder andere Spinnerinnen in der Umgebung zu suchen.
Was kann einem so ein "Anfängerkurs" schon vermitteln, was man nicht von anderen Handspinnern lernen und abgucken könnte? ...und auch noch völlig ohne Kursgebühr. ;)

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 10:18
von Moira
Ich finde es eine Frechheit, das Ganze als "Spinnkurs" zu bezeichnen. War das eine private Anbieterin oder über eine Institution???? Im zweiten Fall würde ich mich beschweren und zwar schriftlich. Bei uns an der VHS mußt Du als Kursleiterin Qualifikationen nachweisen und einen Ablauf Deiner Kursstunde und des ganzen Kurses abgeben. Ich habe bei uns an der VHS nämlich schon mal Bauchtanzkurse gegeben und wurde wirklich auch gecheckt, wie ich das Ganze mache.
Persönlich würde ich sagen, dass diese Anbieterin überhaupt keine pädagogische Ahnung hat - weder vom Umgang mit Kursteilnehmern noch wie man Inhalte vermittelt. Ich kenne mich da wirklich aus: Ich gebe Schulunterricht und mache für unsere Kirchengemeinde unregelmäßig auch Abende für Frauen. Und so was geht nicht!!!!!
Gut, dass Du Dich so eingesetzt hast. Wirklich gut gemacht.
Deine etwas erboste Moira

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 14:36
von Sabine
:eek: da hatte ich eine bessere Anleitung auf einem Markt am VHS Stand, als ich das erstemal ein Spinnrad ausprobiert habe und das kostenlos und inkl. Wolle.

Gut das Du ihr helfen konntes und, wie Claudi schon schrieb, wir empfehlen immer andere Mitglieder des Forums um Hilfe zu bitten. Da ist man vor Abzocke sicher.

Dir und Deiner Bekannten noch viele schöne Spinnerlebnisse.

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 18:14
von FrauHollunder
deswegen gebe ich im museum keine spinnkurse gegen geld.
wer zum offenen spinntreff kommt, dem zeige ich gerne was ich kann und so weit ich kann.
ich helfe und bevor jemand seine spindel in die ecke wirft sage ich : komm noch mal und wir sehen wo es hängt.
und verkaufen tute ich außer die starter sets im museumsladen gar nichts und die sind günstig.
gebe links und tel. nummern von verschiedenen anbietern raus so bald es um bestellungen geht.
ok wobei ich zugebe, wenn hier mal wieder eine golding bestellung zusammen kommt. wird es warscheinlich einige mitbesteller von der spinngruppe in kürnbach geben.

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 19:49
von Faedchen
das kommt mir seeeeeehr bekannt vor, nur ist es mir vor 25 Jahren passiert.
Vor dem Kauf war ja alles soooooooo leicht, in 10 Minuten hätte es noch jede gelernt.
Kaum hatte ich das Rad bezahlt, mir wurde der Bausatz auf den Thresen geknallt, zusammenbauen sei ja wohl meine Sache, war ich uninteressant.
Nix mehr mit weiteren Fragen, irgendwann war mir die Sache zu blöd und dieser Laden hatte eine bis dahin sehr gute Kundin weniger.
Da ich das Ashford Scholar mühsamst ohne irgendeine Anleitung zusammengebaut habe, stand es die ganze Zeit als Dekorad im Treppenhaus.
Seit knapp 3 Monaten läuft es fast rund um die Uhr, nur beim schlafen, arbeiten, "bisschen" Haushalt, hat es ne Pause.
Die Tipps aus der Gruppe helfen mir enorm, ohne die Mädels würde ich bis heute noch schwangere Regenwürmer produzieren.
Üben muss jede selber, das ist richtig. Aber der Anfang sollte schon gut und ausreichend erklärt werden.

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 09.08.2010, 20:52
von Miriam
Na, das ist ja eine Geschichte :eek:
Gut, dass du noch helfend eingreifen konntest. Ich denke wie Moira, dass hier, wenn der "Kurs" unter irgendeinem Dachverband läuft, eine Beschwerde angebracht wäre. Aber wahrscheinlich war es eher eine private Sache? Sonst wäre sowas ja wahrscheinlich gar nicht möglich (?).

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 10.08.2010, 09:21
von Laurana
Frechheit! :schlecht: Für so eine "Schulung" noch Geld zu nehmen, UND dann noch überteuert den armen ahnungslosen ein Spinnrad aufs Auge drücken....ich würd mal die Gewerbegenehmigung prüfen.

Weil mal ganz im ernst, ich hab das Spinnen am Spinnrad HIER im Forum gelernt, nachgelesen, Ratschläge befolgt, viel am Rad ausprobiert, und hab es kostenlos ganz alleine geschafft (so was wie Spinngruppe gabs ja bei uns nicht.)

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 10.08.2010, 10:42
von karinenhof
das ist ja wirklich dumm gelaufen. Da hatte ich sehr viel mehr Glück.
Der "Spinner", der mir die Grundbegriffe zeigte, hatte viel Geduld und Ruhe. Der wollte allerdings auch kein Rad verkaufen.

Grüße von Karin vom Karinenhof im Havelland

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 10.08.2010, 11:06
von Wollminchen
Schade, wenn vielen Intressierten die Freude an unserem Hobby
durch solch dubiose Kurse verleitet wird.

Gut, dass Du Deiner Bekannten mit Rat und Tat helfen konntest :)

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 11.08.2010, 18:18
von Arachne
... und das ganze hat Kursgeld gekostet?? Darf ja wohl nicht wahr sein. Da bringt ja eine die ganze "Innung" in Verruf! :evil:

Sigrid

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 11.08.2010, 18:36
von simone40
Laurana hat geschrieben:Frechheit! :schlecht: Für so eine "Schulung" noch Geld zu nehmen, UND dann noch überteuert den armen ahnungslosen ein Spinnrad aufs Auge drücken....ich würd mal die Gewerbegenehmigung prüfen.

Weil mal ganz im ernst, ich hab das Spinnen am Spinnrad HIER im Forum gelernt, nachgelesen, Ratschläge befolgt, viel am Rad ausprobiert, und hab es kostenlos ganz alleine geschafft (so was wie Spinngruppe gabs ja bei uns nicht.)
so hab ich das Spinnen mit Rad und Spindel auch gelernt :]

Re: Frust und erste Erfolgserlebnisse

Verfasst: 11.08.2010, 19:17
von tueddelie
So selten leider wie diese Spinnkurse in Deutschland verstreut sind, ist man manchmal ja froh, das überhaupt was in der Nähe ist. Ich hier müßte auch einiges an Kilometern fahren, bis zu einem Kurs oder auch Spinngruppe hin. Hatte das aber auch mal überlegt, aber bislang ging es doch ganz gut mit "learning-by-doing" und einem Spinnerlebniss-kurs vor...grübel ...20 Jahren.

Aber so ein Spinnkurs ist eine echte Frechheit, da ging es sicherlich an erster Stelle um den Verkauf.